Unser Wohlfahrtsstaat will möglichstalle seine Bürger „unter die Haube“ der Sozialversicherung.
Nicht nur, dass die
meisten Werkvertragshonorare
als freie Dienstverträge gelten,
die dem ASVG unterliegen …
Wenn ein Auftragnehmer ohne Gewerbeschein
nicht alle Merkmale des echten Werkvertrages erfüllt, also
- entweder keine Haftungs- und Gewährleistungspflichten übernimmt
- oder sein „Wirken“ und nicht ein „Werk“ schuldet
- oder seine Arbeitsleistung persönlich schuldet, sich also nicht vertreten lassen darf
- oder über keine eigenen, wesentlichen Betriebsmittel bzw. Werkzeuge verfügt,
ist er schon im freien Dienstvertrag gelandet, mit den nachteiligen Folgen,
- dass bereits mit Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze (von € 446,81) die Honorare bis auf den 1%-igen Wohnbauförderungsbeitrag voll beitragspflichtig werden, und zwar mit 17,62 % beim Auftragnehmer und mit 20,88 % beim Auftraggeber und
- dass auch ohne Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze die in einem freien Dienstvertrag vereinnahmten Honorare beim Auftragnehmer beitragspflichtig werden, wenn dieser anderswo (ein) Dienstverhältnis(-nisse) hat und alle zusammen die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten.
- Ganz abgesehen von der Situation beim Auftragnehmer sind die Bezüge der geringfügig Beschäftigten beim Auftrag- bzw. Dienstgeber beitragspflichtig, wenn deren Lohnssumme die 1,5-fache Geringfügigkeitsgrenze
(von € 670,22) überschreitet (siehe Spezial-Infos).
- Außerdem sind die Auftrag- bzw. Dienstgeber verpflichtet die in einem Kalenderjahr ausbezahlten Beträge, wenn sie im Einzelnen einen Betrag von € 450 überschreiten, bis 28.02. des Folgejahres ans Finanzamt zu melden.
Positiv soll allerdings erwähnt werden, dass der freie Dienstnehmer den 13%-igen Gewinnfreibetrag geltend machen darf. Diese Steuerbegünstigung soll ja bekanntlich ein Pendant zur begünstigten Besteuerung des 13. und 14. Bezuges der Lohnsteuerpflichtigen darstellen.
…, werden auch
„echte“ Werkvertragshonorare
für die sogenannten „neuen Selbständigen“ GSVG-pflichtig.
Nur wenn der ohne Gewerbeschein tätige Auftragnehmer
- für die vereinbarte Tätigkeit über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügt, z.B.
der EDV-Fachmann über seine eigene EDV-Anlage,
der Schneeräumer über sein eigenes Schneeräumgerät,
der Maurer über seine eigene Betonmischmaschine,
der Tischler über seine eigene Hobelmaschine,
der Gärtner über seinen eigenen Rasenmäher,
etc., etc.
- die Leistung nicht persönlich erbringen muss sondern auch ohne Zustimmung des Auftraggebers Dienstnehmer oder Subunternehmer beschäftigen kann und
- keine Verpflichtung sondern lediglich eine Berechtigung (= Auftrag) zur Leistung hat,
liegt auch sozialversicherungsrechtlich kein freies Dienstverhältnis sondern ein Werkvertragsverhältnis vor.
Bei Auftragnehmern mit Gewerbeschein gibt es normalerweise keine Probleme.
Seitens der Gebietskrankenkasse wird oftmals geprüft, ob ein ASVG-pflichtiges Dienstverhältnis vorliegt. Diese Prüfung kann auch über Antrag des Auftraggebers erfolgen.
Der zugesandte Fragebogen der SV enthält Fragen, die im Sinne der Auslegung durch die SV beantwortet werden müssen. Andernfalls drohen umfangreiche Befragungen und Kosten dem Versicherten.
Um den Werkvertrag auch vor dem strengen Gebietskrankenkassenprüfer durchzubringen, müssen die genannten Kriterien neben der Rechnung bzw. Honorarnote nicht nur in einem schriftlichen Werkvertrag (Muster bei M§M anzufordern) verankert sondern auch tatsächlich gelebt werden.
Sollte der Beschäftigte von der GSVG- bzw. FSVG-pflichtigen selbständigen Tätigkeit in ein ASVG-pflichtiges Dienstverhältnis umgereiht werden, gibt es neuerdings eine Erleichterung: Der Auftraggeber muss zwar die neuen ASVG-Beiträge an die Gebietskrankenkasse bezahlen, erhält aber die vom Beschäftigten eingezahlten Beiträge vergütet.
Die Berufe der „Neuen Selbständigen“
Folgende Berufsgruppen kommen in den „Genuss“ der gesetzlichen Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung:
- Psychologen und Psychotherapeuten,
- Physiotherapeuten,
- Wohnsitzärzte ohne ärztliches Dienstverhältnis: zB: Vertretungsärzte, Betriebsärzte, je nach Auftragsverhältnis
- nebenberufliche Journalisten,
- Betriebsberater, z.B. EDV-Berater,
- Schriftsteller und Kunstschaffende im weitesten Sinn,
- Bausparkassen– und Versicherungsvertreter, meistens jedoch unter den „freien Dienstverträgen“ subsumiert,
- Musiker, je nach der Art des Auftragsverhältnisses entweder als „freier Dienstvertrag“ oder als „neuer Selbständiger“ sozialversichert.
Freigrenzen:
Die „sonstigen Erwerbseinkünfte“ sind beitragspflichtig, wenn die Freigrenze von € 5.527,92 (= Geringfügigkeitsgrenze x 12) überschritten wird.
Beiträge
Die Krankenversicherung beträgt 7,65%, die Pensionsversicherung 18,5%, die Unfallversicherung 1,2% und die Selbständigen-Vorsorge 1,53%, zusammen also 28,88% der Beitragsgrundlage (= Gewinn + SozVersBeitr.).
Meldung bei der SVA
Die neuen „sonstigen Erwerbstätigen“ müssen Ihre Tätigkeit binnen eines Monats bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft melden, wenn sie die Freigrenze von € 5.527,92 voraussichtlich (!) überschreiten werden.
Meldung beim Finanzamt
Bestimmte Honorare müssen vom Auftraggeber bzw. der auszahlenden Stelle bis 28.02. des Folgejahres ans Finanzamt gemeldet werden. Von dem sogenannten “Vernaderungspara-
graphen“ betroffen sind:
- Aufsichts- und Verwaltungsräte, Stiftungsvorstände,
- Bausparkassen- und Versicherungsvertreter,
- Vortragende, Lehrende, Unterrichtende,
- Kolporteure, Zeitungszusteller,
- Privatgeschäftsvermittler,
- Funktionäre öffentlich rechtlicher Körperschaften.
Diese Meldung kann unterbleiben, wenn der einzelne Auszahlungsbetrag einschließlich allfälliger Reisekosten nicht mehr als € 450 beträgt und insgesamt pro Person nicht mehr als € 900 im Jahr ausgezahlt werden.